Das große Motorsterben beginnt ab dem 8. Jahr

 

Automobil: Ausfall eines Pfennigartikels kann zu schwerwiegenden Folgen führen – Motorlebensdauer beträgt durchschnittlich 150 000 km bis 200 000 km.

 

Wartungsmängel und Inspektionsversäumnisse sind in vielen Fällen die Ursache für kapitale Motorschäden. Heutige Antriebsaggregate kollabieren laut VEGE-Motoren praktisch nie vor dem dritten Jahr nach der Erstzulassung. Doch ab dem achten würde das Massensterben beginnen.

 

"Die Motoren halten heute zwar generell länger als früher, aber selten ein ganzes Autoleben lang." Am Ersatzbedarf habe sich daher prinzipiell wenig geändert, er setze lediglich später ein, erklärte Joop E. Holterman, Vertriebsleiter des Tausch-Aggregate-Anbieters VEGE-Motoren B.V. im niederländischen Spijkenisse bei Rotterdam. 1970 habe die Nachfrage nach Tauschmotoren ab dem zweiten Jahres nach Erstzulassung begonnen und ihren Höhepunkt zwischen dem sechsten und siebten Jahr erreicht. Heute kollabierten die Motoren praktisch nicht vor dem dritten Autolebensjahr, und das Massensterben finde zwischen dem achten und neunten Jahr statt, erläuterte Holterman kürzlich.

 

Erfahrungsgemäß seien Motorschäden häufig die Folge von Wartungsmängeln oder nichtbeachteter Inspektionsintervalle, so Holterman. Unkenntnis, Sorglosigkeit oder Bequemlichkeit der Besitzer seien in vielen Fällen die eigentliche Ursache für kapitale Motorschäden. So könne der Ausfall eines Pfennigartikels wie des Keilriemens, der Wasserpumpe und Generator antreibt, schwerwiegende Folgeschäden hervorrufen. Setzt der Fahrer seine Fahrt fort, weil er die aufleuchtende Ladekontroll-Lampe übersieht oder bewußt ignoriert, droht dem Motor wegen der stillstehenden Wasserpumpe nach wenigen Kilometern der Hitzetod. Wird die Maschine aufmerksam im Auge behalten, kommen die innovativen Produktionsmethoden, die standfesteren Materialien für Laufbuchsen, Kolben und Lager, die höhere Paßgenauigkeit sowie die verbesserten Abdichtungen und Schmierstoffe zum Tragen, und die höhere Lebenserwartung moderner Motoren zahlt sich aus.

 

Dennoch passiert das mechanische Debakel im Autoleben noch immer relativ häufig: Rund 190 000 Autofahrer pro Jahr bleiben nach ADAC-Angaben mit mehr oder weniger kapitalen Motorschäden liegen. Dem technischen Garaus folgt dann der finanzielle oft auf dem Fuß: Ein VW-Golf-Motor kostet etwa knapp 3000€, ein Aggregat für den Mercedes-Benz S 500 schlägt gar mit über 17.500€ zu Buche.

 

Betrug die durchschnittliche Motorlebensdauer in den 70er Jahren noch etwa 100 000 km bis 120 000 km, so hat sie sich heute auf rund 150 000 km bis 160 000 km verlängert, ermittelte VEGE-Motoren. Die 1936 in den Niederlanden als Zylinderschleiferei gegründete Firma ist heute weltweit der größte markenunabhängige Motoreninstandsetzer mit Zweigwerken in den USA, in Mexico und Tunesien. Etwa 80 000 Motoren und 31 000 Zylinderköpfe werden dort und in den beiden heimischen Werken pro Jahr bis zur letzten Schraube zerlegt, akribisch gereinigt und mit Neuteilen in Handarbeit wieder instand gesetzt.

 

Angeboten werden Tauschaggregate für alle gängigen europäischen, amerikanischen und japanischen Marken. Einige europäische Autohersteller haben ihre werksseitige Austauschmotoren-Fertigung sogar eingestellt und verkaufen VEGE-Motoren unter ihrer Marke. Auch Besitzer betagter Modelle werden in der Angebotsliste des Spezialisten bisweilen fündig: Citroen 2 CV- und MG-B-Fahrern kann ebenso geholfen werden wie Liebhabern luftgekühlter VW-Käfer-Motoren oder den Eignern eines Ford 12 M, Opel GT oder Saab Sonett. Alle Triebwerke haben einen Prüfstandslauf hinter sich und besitzen eine Garantie von einem Jahr ohne Kilometerbegrenzung.

 

Zu den Spitzenreitern bei den Schadensursachen zählen gerissene oder überspringende Zahnriemen. Als Folge davon können Ventile vom hochschnellenden Kolben krummgeschlagen werden oder abreißen und den Kolbenboden durchschlagen. Wegen der vielen Motorschäden durch Zahnriemendefekte haben deshalb mehrere Autohersteller inzwischen die vorgeschriebenen Wechselintervalle verkürzt und kehren bei Motoren-Neuentwicklung verstärkt zum weniger schadensträchtigen Nockenwellenantrieb per Duplexkette zurück.

 

Wegen ihrer sprichwörtlichen Sparsamkeit sagt man den Niederländern eine ausgeprägte Affinität zum Recycling nach. Kein Wunder, daß in Spijkenisse trotz beruhigendem Auftragspolster bei Tauschmotoren auch über zusätzliche Aktivitäten nachgedacht wird. Seit kurzem bietet man bereits Tausch-Schaltgetriebe an, zunächst für Audi, Ford, Opel, Rover, VW und die französischen Marken. In naher Zukunft soll es dann auch für Servolenkungen ein zweites Leben geben.